Berater-Gruppe will die EU-Gesetzgebung zu GVO verändern, um den Weg für „neue GV“ freizumachen – Artikel von Claire Robinson
Der wissenschaftliche Beratungs-Mechanismus (SAM = Scientific Advice Mechanism) der EU–Kommission hat einen Empfehlungs-Bericht [im Folgenden Stellungnahme, Erklärung, Papier oder kurz: Bericht] herausgegeben, der besagt, daß die EU-Gesetze für GVOs überarbeitet werden sollten, um den Weg für „neue GV“-Techniken, die häufig als Gen-Editierung bezeichnet werden, freizumachen.
Jedoch ist diese Stellungnahme unwissenschaftlich und zulasten der öffentlichen Gesundheit und Umwelt sehr für die GVO-Industrie voreingenommen.
Die Stellungnahme des SAM folgt auf die Entscheidung von dem Europäischen Gerichthof (EuGH) des Jahres 2018, daß bestimmte „neue GV“-Techniken die „gelenkte Mutagenese“ genannt werden, unter die Gesetzgebung für GVOs (Gentechnisch Veränderte Organismen) fallen.
Das bedeutet, daß jetzt Sicherheits-Überprüfungen und GVO-Kennzeichnung für die Produkte dieser neuen Techniken verpflichtend sind.
In seiner Antwort auf dieses Gerichts-Urteil, macht sich der SAM dieselbe Schlußfolgerung wie die GVO-Lobby zu Eigen, nämlich daß die demokratisch festgelegten Regeln geändert werden müßten.
Die SAM-Erklärung sagt: „In Anbetracht des Gericht-Urteils wird offensichtlich, daß neue wissenschaftliche Erkenntnisse und jüngste technische Entwicklungen die Direktive zu GVO nicht länger für ihren Zweck geeignet gemacht haben.“
Der SAM sagt, daß die Regeln geändert werden müssen, „um den gegenwärtigen Kenntnisstand und die wissenschaftliche Evidenz, besonders die zu der Gen-Editierung und zu den etablierten Techniken von Gen-Modifikationen, widerzuspiegeln“ und um sie, „eindeutig, auf Evidenz gründend, implementierbar, im richtigen Verhältnis stehend und flexibel genug zu machen, damit sie den zukünftigen Fortschritten in der Wissenschaft und Technologie auf diesem Gebiet gewachsen sind“.
Der SAM erklärt: „Es besteht die Gefahr, daß, falls die EU nicht das regulative Umfeld für Produkte der Gen-Editierung verbessert, sie auf diesem Feld ins Hintertreffen geraten wird, was dann auch den Einfluß der EU auf die fortlaufenden Debatten auf der internationalen Ebene in Bezug auf spezifische Anwendungen und auf regulative Prozesse verringern könnte.“
Ein politischer Bericht unter wissenschaftlichem Deckmantel
Diese Stellungnahme folgt ähnlichen Auffassungen eines früheren Berichts des SAM über neue GV-Technik. Die französische Gruppe Inf’OGM nannte jene frühere Initiative „einen politischen Report unter dem Deckmantel von Wissenschaftlichkeit“.
Der politische Vorstoß der neuen SAM-Erklärung entging dem Online-Magazin EURACTIV nicht, das dazu anmerkte, daß sie „in einer Linie mit einer jüngsten von der Regierung der USA gemachten Erklärung stünde, die grundsätzlich besagte, daß die GV-Gesetzgebung der EU veraltet sei“.
Die USA wollen ihre „neuen GVOs“ weltweit vermarkten können, einschließlich der EU, ohne die Hindernisse von Risiko-Bewertungen und GVO-Kennzeichnung.
Außerdem sehen bestimmte EU-Länder und Elemente der Kommission „neue GVOs“ mit ihren patentierten Saaten und der wahrscheinlich eingebauten Abhängigkeit von Agrar-Chemikalien als einen zukünftigen Motor für die Wirtschaft an.
Der SAM-Report unterstützt diese Haltung.
Wissenschaftliche Schwächen der SAM-Stellungnahme
Die hauptsächlichen wissenschaftlichen Schwächen dieser neuerlichen Stellungnahme werden im Folgenden detailliert aufgeführt.
1. Der Bericht widerspricht sich selber und ist unwissenschaftlich
Auf der einen Seite wollen die Autoren des Berichts, daß wir die Verfahren der gentechnischen Modifikation – besonders diejenigen der Gen-Editierung, durch die die „neuen GV“-Produkte entwickelt werden-, ignorieren und uns auf das Produkt alleine konzentrieren.
Die Autoren erklären: „…die Merkmale des End-Produktes selber müssen untersucht werden, unabhängig von der zugrunde liegenden Technik, die verwendet wurde, um dieses Produkt zu erzeugen.“
Aber auf der anderen Seite, wollen sie, daß wir es uns wie einen Glaubenssatz zu eigen machen, daß diese neuen GV-Verfahren präzise, vorhersagbar und sicher seien – trotz einer großen Menge an Evidenz dafür, daß sie viele unvorhergesagte Neben-Effekte haben.
Etwas von dieser Evidenz, die Neben-Effekte aufzeigt, wird sogar in den Quellenverweisen des SAM-Berichts aufgeführt – aber die Autoren befassen sich nicht damit.
Mit anderen Worten: In ihrer erneuten Stellungnahme fordern uns die SAM-Autoren zynischerweise dazu auf, den technischen Prozeß [fast gänzlich] zu ignorieren, außer insofern als von uns erwartet wird, ihn durch eine rosarote Brille zu betrachten, um zu glauben, daß das Verfahren sicher sei.
Wenn man das technische Verfahren, durch das ein Nahrungsmittel hergestellt wird, ignoriert, so ist dies außerordentlich unwissenschaftlich und unlogisch.
Das ist genauso, als publiziere man eine wissenschaftliche Studie ohne den Abschnitt, in dem üblicherweise die [benutzten] „Materialien und Methoden“ genannt werden, und würde ihn stattdessen durch die Zusicherung ersetzen: „Vertrauen Sie uns, unsere Methoden sind absolut verläßlich, aber wir werden Ihnen nicht erzählen, welche das sind.“
Die Abschaffung der auf das Verfahren basierenden GVO-Regulierung zugunsten einer auf dem Produkt beruhenden, ist genau das, was die GVO-Industrie seit Jahrzehnten wollte.
Der SAM ist selber zum Sprachrohr für die Industrie geworden.
Das Problem der Gentechnik-Industrie mit der am [Herstellungs-]Prozeß orientierten EU-Regulierung von GVO besteht darin, daß diese die inhärenten Unsicherheiten des technischen Verfahrens zur Herstellung von gentechnisch veränderten (GV) Pflanzen, in Betracht zieht.
Eine Regulierung, die von dem Produkt ausgeht, so wie in den USA und in Kanada, ignoriert die Probleme, die dem GV-Prozeß zu eigen sind, und richtet die Aufmerksamkeit nur auf die Eigenschaften des beabsichtigten End-Produktes.
Bei einem solchen Ansatz ist es wahrscheinlicher, daß ihm unbeabsichtigte Veränderungen, die aus dem GV-Verfahren resultieren, entgehen, weil er nicht nach ihnen sucht.
Das ist der „Frag’ nicht und sag’ nichts“– Ansatz, den die SAM-Erklärung befürwortet.
Wir wissen, daß die SAM-Autoren sich dieser strittigen Punkte bewußt sind, weil der SAM in einem früheren Bericht über neue GV-Methoden (die in irreführender Weise „Neue Züchtungs-Techniken“ [im Englischen kurz: NBT] genannt werden) eingestanden hat: „Die Probleme der unbeabsichtigten Effekte aufgrund der NBT (und besonders die der mit Gen-Editierung zusammenhängenden Neben-Effekte) sind gegenwärtig Gegenstand von vielen Forschungen, was an der schnell wachsenden Zahl von Publikationen auf diesem Gebiet deutlich erkennbar ist. Aufgrund des vorgesagten Auftretens von unbeabsichtigten Effekten der Neuen Züchtungs-Techniken können keine Schlußfolgerungen zur absoluten oder vergleichbaren Sicherheit der Editier-Techniken gezogen werden“.
Diese letzte Feststellung ist korrekt, die Autoren unterließen es jedoch, daraus den offensichtlichen Schluß zu ziehen: Wenn es immer noch keine Evidenz für die Sicherheit von „neuen GV“-Nahrungs-Produkten gibt, gibt es auch keinen Grund, warum wir dann freiwillig unsere Gesundheit riskieren sollten, indem wir diese Produkte ungekennzeichnet und ungetestet auf ihre Sicherheit essen.
2. Die SAM-Autoren verwechseln die Genauigkeit oder Präzision des DNA-Ortes für die angestrebte Genom-Veränderung mit Sicherheit.
In ihrem neuen Bericht wiederholen die SAM-Autoren die Worte „präzise“ und Präzision wie ein Mantra. Sie schlagen vor, daß, weil die Stelle, an der die DNA aufgeschnitten werden soll, mit den Gen-Editierungs-Techniken „präziser“ angesteuert werden könne, die Produkte von diesen Techniken „potentiell sicherer sind“ als jene, die mithilfe von zufälliger Mutagenese erschaffen werden, einer Technik, die nicht unter der GVO-Gesetzgebung der EU reguliert wird. Deshalb sollte, so ihre Schlußfolgerung, die Gen-Editierung nicht unter diesen Gesetzen reguliert werden.
Aber das ist falsch. Gene sind miteinander verknüpft, und wenn man ein oder ein paar Gene manipuliert, kann das zu unbeabsichtigten Kettenreaktionen bei anderen Genen führen.
Diese Effekte können nicht vorhergesagt oder kontrolliert werden, weil wir einfach nicht genügend über das Genom wissen.
Wissenschaftler wiesen auf den Vergleich hin, daß es auch möglich sei, Schrift-Zeichen auszuschneiden und sie „präzise“ in einen chinesischen Text einzusetzen, aber es wird dabei ein zerhackter Unsinn herauskommen, wenn wir kein Chinesisch können.
Die Probleme hören damit aber nicht auf. Während die Gen-Editierung den beabsichtigten Schnitt des DNA-Doppelstrangs vornehmen kann, geschehen die anschließenden Wirkungen unabhängig von dem Editierungs-Werkzeug und können weder kontrolliert noch vorhergesagt werden.
Deshalb spielt es keinerlei Rolle, wie „präzise“ es gelingt, den Ort der DNA-Schnitt-Stelle zu kontrollieren – selbst wenn man keine oder nur wenige Schnitt-Stellen abseits des Ziel-Ortes erhält -, man ist nicht in der Lage, den Ausgang des DNA-Reparatur-Verlaufes zu kontrollieren, der daraufhin erfolgt. Dieser wird von den eigenen Reparatur-Mechanismen der Zelle kontrolliert und nicht vom Gen-Techniker.
Die Theorie bisher ging dahin, daß bei der Gen-Editierung nur kleine Einfügungen oder Löschungen der DNA-Grundeinheiten [gemeint sind die Nukleotide als Basis-Bausteine oder -Elemente des Genoms] geschehen würden. Aber die Realität ist, daß weitgehende Löschungen der DNA geschehen können, die bis zu Tausenden von Nukleotiden umfassen.
Zusätzlich können weiträumige Neu-Anordnungen der DNA auftreten. (1,2,3) [(4,5)]
Bei der Gen-Editierung von Pflanzen riskieren solche Effekte, die Struktur und Funktion von benachbarten Genen zu zerstören, mit unbekannten Folgen für die Biochemie der Pflanze.
3. Die SAM-Autoren vergleichen eine Risiko-Technologie mit einer anderen, um zu dem Schluß zu gelangen, daß die GV sicherer ist.
Ihre ganze Erklärung hindurch argumentieren die SAM-Autoren dafür, daß die Gen-Editierung („gelenkte Mutagenese“) nicht zum Gegenstand der GVO-Regularien werden sollte, weil sie „präziser“ als die Zufalls-Mutagenese sei.
Die zufällige Mutagenese ist mindestens seit den 1960’er Jahren in de Pflanzen-Züchtung verwendet worden und „verändert das Genom eines Organismus an vielen Stellen auf eine nicht gelenkte Art und Weise“ durch die Exposition mit einer mutagenen Chemikalie oder durch Bestrahlung.
Sie ist von der EU-Regulierung für GVO ausgenommen worden, was die SAM-Autoren als eine große Ungerechtigkeit gegenüber der „gelenkten Mutagenese“ ansehen, die sie als „potentiell sicherer“ unterstützen, die jedoch nicht von der GVO-Regulierung ausgenommen ist.
Hierbei beziehen sich die SAM-Autoren auf die Zufalls-Mutagenese als eine „konventionelle“ Züchtungs-Methode.
Aber indem sie dieses Argument gebrauchen, zeigen die Autoren ihre Unkenntnis des Gesetzes und der wissenschaftlichen Methode.
Die Zufalls-Mutagenese wird im EU-Recht als eine GV-Technik definiert, nicht als eine „konventionelle“ Technik.
Weil sie aber bereits seit vielen Jahren, bevor die EU-Regulierung von GVO geschrieben wurde, in Gebrauch gewesen war und sie so eingeschätzt wurde, daß sie eine „lange Geschichte des sicheren Gebrauches“ aufweise, wurde entschieden, sie von der Regulierung auszunehmen.
Von den neuen Gentechniken kann nicht gesagt werden, daß sie eine lange Geschichte ihres sicheren Gebrauches vorweisen oder überhaupt irgendeiner Aufzeichnung ihrer Sicherheit. Niemand überwacht die Effekte des Konsums bei den wenigen gen-editierten Nahrungsmitteln, die momentan auf dem Markt sind, und es gibt keine Studien, weder am Menschen noch an Tieren, die diese Fragestellung untersucht hätten.
Vom wissenschaftlichen Standpunkt aus bedeuten die Worte „potentiell sicherer“ des SAM überhaupt nichts.
Außerdem ist die Sicherheit von Nahrungsmitteln, die mithilfe der Zufalls-Mutagenese hergestellt wurden, niemals in kontrollierten Studien getestet worden, deshalb ist dies [selber] eine Unbekannte. Was wir wissen, ist, daß die Zufalls-Mutagenese zerstörerische Auswirkungen auf Pflanzen-Genome hat, die zu einem großen Anteil von sterilen und ungesunden Pflanzen führen. Daher würde es nicht überraschen, wenn einige dieser genomischen Unterbrechungen Toxine oder Allergene hervorbringen.
Die SAM-Autoren argumentieren mithilfe des Vergleiches von einer riskanten Technologie (Gen-Editierung) mit einer anderen (Zufalls-Mutagenese), daß die erstere nicht so riskant sei wie die zweite und sie deshalb einen Freifahrtschein für die Regulierung erhalten solle.
Aber das ist so, als würde man argumentieren, daß, weil Unfälle von Natur aus zufällig passieren, wir den Herstellern erlauben sollten, gefährliche Autos zu vermarkten, die wahrscheinlich mehr Unfälle verursachen werden.
Wenn man einem existierenden Problem noch mehr hinzufügt, wird das Problem nicht abnehmen, sondern man verschlimmert und kompliziert es.
4. Das SAM-Statement versucht, Mutationen für „normal“ zu erklären
Es ist gut bewiesen, daß die gentechnische Veränderung (GV) Mutationen (Beschädigungen der DNA) auslöst.
Von Mutationen weiß man, daß sie potentiell schädlich sind, und Regulierungs-Behörden weltweit streben danach, unsere Exposition gegenüber von Menschen erzeugten Mutagenen, wie z. B. Chemikalien, zu minimieren.
Aber weil bestimmte natürliche Faktoren, wie das Sonnenlicht, ebenfalls Mutationen auslösen können, gibt es den verstörenden Trend von GVO-Befürwortern, zu erklären, daß Mutationen „normal“ seien, und sie als „evolutionär“ zu beschreiben.
Das SAM-Papier übernimmt diese List, indem es Mutationen als natürlich, spontan und evolutionär darstellt.
Aber noch einmal: Nur weil in der Natur manchmal eine DNA-Schädigung als Reaktion auf Streß auftritt, bedeutet dies nicht, daß es akzeptabel oder wünschenswert ist, sie absichtlich in unseren Nahrungsmittel-Pflanzen zu bewirken.
Mangel an Fachkenntnis und Interessens-Konflikte bei den SAM-Autoren
Das SAM-Papier behauptet „von der Gruppe der Chief Scientific Advisors“ geschrieben worden zu sein.
Das würde bedeuten, daß die Autoren sich aus der vollzähligen Gruppe der 7 obersten wissenschaftlichen Berater für die EU-Kommission zusammensetzten.
Jedoch scheinen nur 2 dieser 7 über die relevante Expertise zu verfügen:
1. Janucz Bujnicki, Professor und Leiter des Labors für Bio-Informatik und Protein-Technik, am Internationalen Institut für Molekular und Zell-Biologie, in Warschau.
2. Sie Paul Nurse, Genetiker und Zell-Biologe, Direktor des Francis Crick Institute
Janucz Bujnicki hält den Erfinder-Status auf eine Anzahl von Biotechnologie-Patenten – ein Interesse, das nicht im SAM-Papier noch auf dessen Website dargelegt wird.
Paul Nurse ist ein britischer Pro-GVO-Lobbyist, der den Widerstand gegen GV-Pflanzen mit „gegen die Wissenschaft“ beschrieb. An keiner Stelle hat er sich mit der wissenschaftlichen Forschung befaßt, die auf Risiken oder Schädigungen durch GV-Pflanzen hindeutet.
Stammt die Erklärung tatsächlich nur von diesen 2 Leuten?
Falls ja, ist es deutlich, daß sie keinerlei Art eines wissenschaftlichen Konsenses beanspruchen können.
Falls das Papier, wie darin behauptet, von der Gruppe verfaßt worden ist, dann wurde es weitgehend von Personen geschrieben, die dieses Fach-Gebiet nicht verstehen.
Interessenskonflikte beim SAM
Der SAM ist angeblich unabhängig. Das ist aber nicht der Fall. Der SAM hat Verbindungen zu den wissenschaftlichen Beratungs-Gruppen EASAC und SAPEA. SAPEA [Science Advice for Policy by European Academies] ist offiziell Teil der SAM-Struktur und EASAC [European Academies Science Advisory Council] wiederum ist ein Teil von der SAPEA-Struktur.
Der Koordinator von SAPEA ist Rudolf Hielscher, der als ein Mitglied des Lenkungs-ausschusses an einem Report des Europäischen Risiko Forums beteiligt war, der „Wissenschaftliche Evidenz und Risiko-Management“ heißt, gemeinsam mit Piet van der Meer (PRRI) und Colin Berry.
PRRI [Public Research and Regulation Initiative] ist eine Lobby-Gruppe für die Konzerne – mit engen Verbindungen zu (und Finanzierungen von) der GVO-Industrie.
PRRI hat durchgängig Lobby-Arbeit zur Förderung von GVOs und zur Schwächung von Schutz-Regularien und von internationalen Vereinbarungen geleistet, die die Technologie betreffen, besonders auf den Zusammenkünften für das Cartagena Protokoll zur Biologischen Sicherheit.
Berry hat enge Verbindungen zu Gruppierungen, die hartnäckig sowohl GVOs als auch die Leugnung des Klima-Wandels unterstützen.
Er ist ein Berater für die Scientific Alliance, einer Lobby-Gruppe, die sehr für GVOs ist, während sie skeptisch dem Klimawandel gegenüber steht.
Ebenfalls ist er ein Interessensvertreter bei Spiked Ltd., der Firma, der das aggressiv libertäre Magazin Spiked gehört, das gleichfalls GVOs und Klima-Skepsis unterstützt.
In internen Dokumenten von Monsanto wurde er als derjenige identifiziert, der dem Unternehmen im Falle eines Urteiles der Krebs-Agentur IARC, daß sein Herbizid Glyphosat krebserzeugend sei, helfen könnte, vorwärtszukommen.
Der Report des European Risk Forum verurteilte den „Mangel an Vertrauen in die Wissenschaft und wissenschaftlichen Experten“ unter den Führern der EU, und beklagte sich über Versuche, Experten auszuschließen, die mit finanziellen Interessenskonflikten behaftet sind, und zielte darauf ab, „Risikofreudige zu ermuntern, in die Innovationen zu investieren, die gebraucht würden, um Wachstum und Wohlstand wiederherzustellen“.
Von den Autoren, die in dem EASAC-Report „Planting the Future“ aufgelistet wurden, der für neue und alte GV-Techniken in der Landwirtschaft wirbt, waren ein Drittel Mitglieder der PRRI.
Die jüngste personelle Ergänzung in der SAM-Gruppe ist Nicole Grobert, ein Royal Society Industry Fellow, die auf Nano-Materialien spezialisiert ist.
Das Vorhaben einer Industry Fellowship [unter der Schirmherrschaft] der Royal Society „ist [gedacht] für akademische Wissenschaftler, die an einem partnerschaftlichen Projekt mit der Industrie arbeiten wollen, sowie für Wissenschaftler aus der Industrie, die mit einer akademischen Organisation an einem kollaborativen Vorhaben arbeiten möchten“.
Weder die EU-Kommission noch irgendein Mitglied der SAM-Gruppe scheint Einwände gegen diesen offensichtlichen Interessens-Konflikt zu haben.
Entscheidungen über neue Technologien sollten gesellschaftliche bleiben
Bart Staes, Mitglied der Grünen im Europa-Parlament, meinte zu der SAM-Stellungnahme, daß die „wissenschaftliche Pro-Gentechnik-Lobby“ momentan von dem Flämischen Forschungs-Institut VTB [das ist ein Life Science Research Institute in Flandern, Belgien] und den sieben Wissenschaftlern des SAM angeführt wird.
Er sagte dazu: „Selbst wenn ihr wissenschaftlicher Rat oder Input von Wert sein kann, sind am Ende die Entscheidungen darüber, welche neue Technologien genutzt oder nicht verwendet werden, eine gesellschaftliche und politische Entscheidung.
Falls wir damit anfangen, daß diese Entscheidungen von wissenschaftlichen Lobby-Gruppierungen gefällt werden, die von Konzernen gelenkt sind, dann werden wir schließlich in einer technokratischen Welt leben und damit unsere bereits fragilen Demokratien sogar noch mehr untergraben.“
„Die Argumente von der wissenschaftlichen Lobby, die wie Papageien von einigen Europäischen Kommissaren wiederholt werden, klingen bekannt.
‚Falls wir nicht deregulieren, werden wir bei der Saatgut-Züchtung ins Hintertreffen geraten’ ist genau dasgleiche, was bereits in den 1990er Jahren von der GVO-Lobby vertreten wurde. In Wirklichkeit aber ist der Saatgut-Züchtungssektor der EU quicklebendig und gedeiht prächtig.“
Bart Staes fügte hinzu, daß GVOs keine Probleme in den USA oder Kanada gelöst haben.
„Es ist eine Schande, daß sogar die Kommissare der EU jetzt eine Entscheidung des EuGH benutzen, um für eine Änderung des Gesetzes zu plädieren.
Die Gründe, aus denen diese GVO-Regulierung von GVOs im Jahr 2001 eingesetzt wurde, sind [doch] nicht plötzlich verschwunden!
Im Gegenteil: Wenn neue GVOs in die Umwelt freigesetzt werden, erschafft man damit sehr reale Risiken von nicht umkehrbaren Auswirkungen auf die Öko-Systeme und besonders für die biologische Vielfalt.
Und außerdem wenden sie sich gegen den Willen der EU-Bürger, die wissen möchten, ob gentechnisch veränderte Inhaltsstoffe in ihren Nahrungsmitteln eingesetzt worden sind, und die eine freie Wahl haben wollen.
Gegenwärtig gibt es keine festgelegten Maßnahmen zu der Rückverfolgbarkeit für die neuen GVOs.“
„Die Evaluierung, Biosicherheit und Kennzeichnung von GVOs stellen keine regulativen Hürden dar, die Innovationen erstarren ließen, sie sind grundsätzliche Maßnahmen, um desaströse Auswirkungen auf die Umwelt (und damit möglicherweise auf die Gesundheit) zu vermeiden.
Das EuGH sagt ganz klar, daß einige neue Züchtungs-Techniken neue GVO sind, und das Gesetz der EU sollte respektiert werden.
Ich denke, daß es sogar weniger Gründe dafür gibt, daß diese neuen GVOs dereguliert werden sollten, weil die zu ihrer Erzeugung benutzten Verfahren, immer noch in der Erforschung sind und jeden Tag neue Entdeckungen zu ihren möglichen Auswirkungen gemacht werden. Und mehrere wissenschaftliche Publikationen haben unvorhergesehene Auswirkungen festgestellt.“
„GVOs werden in der Nahrung und in der Landwirtschaft nicht benötigt.
Die konventionelle Saatgut-Züchtung der EU ist ein sehr innovativer Sektor, der die Lösungen hervorbringt, die die Bauern bezüglich Widerstandsfähigkeit, Anpassungsfähigkeit, Ernte-Ertrag, Geschmack etc. brauchen, und all dies ohne der Industrie zu gestatten, Saatgut zu patentieren.
Die Patentierung von Saatgut und Nahrungsmittel-Bestandteilen durch den privaten Sektor ist eine Bedrohung für die Nahrungsmittel-Souveränität und sollte von keiner staatlichen Macht, die bei vollem Verstand ist, unterstützt werden.“
„Was die möglichen medizinischen Verwendungen dieser neuen GV-Technologien betrifft, sollten sie nicht mit ihrem Gebrauch in der Landwirtschaft verwechselt werden, weil sie keinerlei Freisetzung von genetischem Material in die Natur beinhalten und nicht dieselben Risiken darstellen.
Tatsächlich werfen sie eine gänzlich andere Reihe von Risiken auf, die gegen ihren Nutzen für die Gesellschaft abgewogen werden sollten.“
Der Zeitpunkt der SAM-Stellungnahme – sie wurde am Vorabend der Zusammenkunft für das Cartagena Biosicherheit-Protokolls (COP14) in Ägypten) veröffentlicht – ist bemerkenswert. Oder er ist, wie wir sagen könnten, politisch gewählt.
Auf dieser Versammlung argumentieren einige Länder und Regionen für strikte Kontrollen der neuen GV-Technologien, einschließlich von „Gene Drives“ und der Synthetischen Biologie, wohingegen andere Nationen – einschließlich der Delegationen von Süd-Afrika und Nigeria – Lobbyarbeit zugunsten dieser Technologien betreiben.
Als Schlußfolgerung bleibt festzustellen, daß sich der SAM mit seinen unwissenschaftlichen und naiven Beiträgen zu der Debatte um GVO selber unglaubwürdig gemacht hat.
Sein Auftritt enttäuscht besonders, weil diese Berater-Gruppe von der EU-Kommission ins Leben gerufen wurde, um das öffentliche Vertrauen nach dem Rückschlag gegen Anne Glover zurückzugewinnen, der früheren wissenschaftlichen Chef-Beraterin der EU, die aber selber eine Gentechnik-Unternehmerin war.
Glover wurde von den Medien, von Wissenschaftlern, einem akademischen Risiko-Experten, einem Mitglied der Europäischen Parlamentes und früheren Umwelt-Minister und (nicht zuletzt) von GMWatch wegen ihrer unkritischen und unwissenschaftlichen Förderung von GV-Pflanzen hart kritisiert.
Jetzt stellt sich traurigerweise jedoch heraus, daß sich die SAM-Beratungsgruppe noch ungestümer von der wissenschaftlichen Methodik abwendet als Glover zuvor.
Mitglieder der SAM-Gruppe müssen sich daran erinnern, daß ihr Auftrag [eigentlich] darin besteht, experimentelle Evidenz vorzulegen und nicht Standpunkte der Industrie-Lobby.
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Quellen:
(1) Kosicki M, Tomberg K, Bradley A. Repair of double-strand breaks induced by CRISPR–Cas9 leads to large deletions and complex rearrangements. Nat Biotechnol. July 2018. doi:10.1038/nbt.4192
(2) Shin HY, Wang C, Lee HK, et al. CRISPR/Cas9 targeting events cause complex deletions and insertions at 17 sites in the mouse genome. Nat Commun. 2017;8. doi:10.1038/ncomms15464
(3) Mou H, Smith JL, Peng L, et al. CRISPR/Cas9-mediated genome editing induces exon skipping by alternative splicing or exon deletion. Genome Biol. 2017;18:108. doi:10.1186/s13059-017-1237-8
[ seit Erscheinen des obigen Artikels (22.November 2018) haben noch weitere Untersuchungen nicht vorhersagbare, unkontrollierte Neben-Wirkungen bestätigt oder festgestellt – siehe folgende Artikel dazu:
(4) „New research confirms GM causes massive off-target damage to plant genomes“ – vom 28. Januar 2019:
https://www.gmwatch.org/en/news/latest-news/18730-new-research-confirms-gm-causes-massive-off-target-damage-to-plant-genomes
(5) „New study claimed to show safety of CRISPR shows the opposite“ – 29. Januar 2019: https://www.gmwatch.org/en/news/latest-news/18731-new-study-claimed-to-show-safety-of-crispr-shows-the-opposite ]
--------Artikel-Ende
Übersetzung mit eigenen Anmerkungen in [Eck-Klammern] durch
GenAG/attac-bielefeld (Februar 2019)
Daten des Original-Artikels:
Titel: EU Scientific Advice Mechanism in Lockstep with US-Government, GMO-Lobby
Autor: Claire Robinson
Datum: Datum: 22 November 2018
URL: https://gmwatch.org/en/news/latest-news/18598
Nachrichten in Deutsch
Wissenschaftliche Chef-Berater der EU im Gleichschritt mit der US-Regierung und GVO-Lobby
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