Dr. Christian Vélot berichtet über eine internationale Konferenz zur Bewertung von GVO und Pestiziden und fordert einen neuen Typ von Beteiligungs-Forschung
Eine Internationale Konferenz zur „Bewertung und Regulierung von GVO und Pestitziden“ fand in Frankreich am Orsay Scientific Centre (der Universität Paris-Süd) am 12./13. November 2015 statt.
Diese Konferenz, die offen für die Zivil-Gesellschaft war und simultan Französisch/Englisch übersetzt wurde, war als ein Teil des „PCIRI“-Projektes (Partnership Between Institutions and Citizens for Research and Innovation (1) ) organisiert, das von der Region Ile-de-France finanziert wird. Dieses Projekt richtet seinen Focus auf die Untersuchung des Prinzips der „Substantiellen Äquivalenz“, das als Grundlage benutzt wurde, um die kommerzielle Zulassung von landwirtschaftlichen GVO zu gestatten, die in der Welt angebaut werden.
Dieses Projekt kommt zustande durch die Kooperation zwischen der Universität Paris-Süd und 2 Vereinigungen: einmal die „Zukünftigen Generationen“ (Generations Futures) sowie das Komitee für Forschung und unabhängige Information über Gentechnische Veränderung (CRIIGEN – Committee for Research and Independent Information on Genetic Engineering).
In Übereinstimmung mit dem Geist für eine Forschung die dem Beteiligungs-Prinzip folgt, erlaubte es diese Konferenz, eine Brücke zwischen Akademischer Forschung und dem „wissenschaftlichen dritten Sektor“ (Bürger, Verbände, NGOs) mithilfe von Präsentationen wissenschaftlicher Daten zu schlagen, die für die allgemeine Öffentlichkeit leicht zugänglich aufbereitet worden waren.
Beiden Konferenzen folgten lange Interaktionen mit der Öffentlichkeit.
Dieser Geist war auch der Grund, warum wir die Wahl trafen, die Konferenz am Orsay Scientific Centre auszurichten: Weil es den Unternehmen gestattet wird, in den Direktoren-Kommissionen von Universitäten zu sitzen, war es für meine Kollegen und mich persönlich wichtig, die wir über die Demokratisierung der Wissenschaft besorgt sind, den Bürgern die Gelegenheit zu bieten, in das Innere der Universität einzudringen.
Zusammen mit Ergebnissen von Forschungs-Gruppen aus Brasilien und Norwegen stellten einige der Resultate des PICRI-Projektes (während des Prozesses der Publizierung) die Relevanz des Prinzips der „Substantiellen Äquivalenz“ in Frage, besonders, wenn es benutzt wird, um die Kommerzialisierung von Herbizid-Toleranten (HT-) Gen-Pflanzen zuzulassen.
Die zweite wissenschaftliche Sitzung bot eine Übersicht über den Stand-der-Dinge bei den experimentellen Daten, die die Ungenügendheiten der regulatorischen Toxizitäts-Tests von Gvo und Pestiziden aufzeigen.
Es wurde betont, daß die Dauer der Fütterungs-Versuche nicht ausreicht, um mögliche chronische Effekte aufzuspüren und daß die Verunreinigungen der Kost für die Labor-Nagetiere, nämlich Kontaminationen mit Umwelt-Verschmutzungen, die einen verwirrenden Faktor bei den Tests für die Regulierung spielen.
Einige der auf dieser Konferenz präsentierten Ergebnisse zeigten, daß kommerzielle Formulierungen mit Pestiziden immer toxischer sind als ihre so genannten „Aktiven Wirkstoffe“.
Letztere werden jedoch alleine getestet, um Sicherheits-Grenzwerte festzulegen, sogar wenn sie [in der Landwirtschaftlichen Praxis] niemals isoliert angewendet werden, sondern immer gemischt mit Hilfs-Stoffen.
Nicht zuletzt wurde erklärt, daß die Versuche für die Regulierung nicht geeignet sind, die das Hormon-System störenden Effekte aufzufinden, die ein üblicher toxischer Mechanismus bei vielen Pestiziden sind.
Während der dritten wissenschaftlichen Sitzung zeigte das Gremium der Sprecher schädliche Auswirkungen von Pestiziden und GVO auf Öko-Systeme des Acker-Bodens, z. B. auf die Mikro-Flora der Rhizosphäre und auf Regenwürmer und auf Nahrungs-Mikro-Organismen.
Runde Tische gestatteten das Wechseln zwischen verschiedenen Modellen für eine Forschung mit Beteiligung, und sie hoben die Notwendigkeit hervor, die Gesellschaft an den Forschungs-Programmen zu beteiligen und sie bei der Wahl großer Richtungen in der Forschung einzubeziehen.
Auch die Regulierung von Pestiziden und GVO (einschließlich derjenigen, die aus dem Gebrauch der Neuen Gentechnischen Veränderungs-Technologien hervorgehen, also durch andere als Transgene GV) auf der Europäischen und den Nationalen Ebenen wurde weithin erörtert.
Besonders betont wurde die Frage nach der Transparenz der Daten, nach Interessens-Konflikten in den Bewertungs-Komitees und nach der Verantwortlichkeit von Experten und Politikern.
Zum Schluß erklärten ein Farmer, ein Agronom, ein Arzt und ein Manager eines Unternehmens, das Mehl und Tier-Futter herstellt, ihre Sicht und tauschten sie aus über die Frage landwirtschaftlicher Nachhaltigkeit und zukünftiger Wahl-Freiheiten bei der Nahrung.
Diese 2 Tage des Austausches, an denen viele Teilnehmenden aus unterschiedlichen Hintergründen als eine vereinigte kollektive Intelligenz handelten, warten besonders reich und intensiv.
Sie bestätigten die Notwendigkeit, die Wissenschaft für die Öffentlichkeit zu öffnen, nicht nur um Resultate (mit)zuteilen, sondern auch auf dem Wissen eines jeden von ihnen zu bauen.
Es gibt professionelle Wissenschaftler – die Forscher – und professionelle Politiker – einige von ihnen sind offiziell gewählt.
Aber die Wissenschaftliche Herangehensweise, so wie die politische Handlung auch, gehört einem jedem Menschen.
Es ist an der Zeit, sich auf eine neue Wissenschaft zu zu bewegen, unter Berücksichtigung der „Substantiellen Äquivalenz“ zwischen Professionellen Wissenschaftlern und den Bürgern.
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Christian Vélot ist der wissenschaftliche Koordinator der Konferenz und des „PICRI“-Projektes zur „Substantiellen Äquivalenz“. Er ist Molekular-Genetiker an der Universität von Paris-Süd, Frankreich.
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Anmerkungen:
(1) Das Forschungs-Programm wurde von der Region Ile-de-France aufgestellt, unter der Leitung der Stiftung für Bürger-Wissenschaft „Foundation Citizen Science“.
-----------------------ende des übersetzten Artikels ----------------------
Übersetzung mit [Anmerkungen] und Hervorhebungen durch die GenAG/attac-Bielefeld
Januar 2016
Daten zum Englischsprachigen Artikel:
Titel: Scientists and civil society must move together towards a new science
Autor: Christian Vélot
Datum: 14 December 2015
URL: http://www.gmwatch.org/news/latest-news/16600
Nachrichten in Deutsch
Wissenschaftler und Gesellschaft müssen gemeinsam eine neue Wissenschaft ansteuern
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