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Im vergangenen Jahr kam die Internationale Agentur für Krebsforschung der Weltgesundheitsorganisation (IARC) nach eingehender Untersuchung aller vorliegenden wissenschaftlichen Studien zu dem Schluss, dass das Herbizid Glyphosat wahrscheinlich krebserregend ist. In einem Interview erklärt Dr. Kurt Straif, der als leitender Wissenschaftler der Behörde maßgeblich an der Studie mitgewirkt hat, wie die IARC zu ihrer Einschätzung kam und warum sie weiterhin gültig ist.
Artikel bei gmwatch publiziert am 04 Juli 2016:   
http://gmwatch.org/news/latest-news/17086

Glyphosat kann Krebs verursachen

Euronews, 1. Juli 2016
http://www.euronews.com/2016/07/01/glyphosate-can-cause-cancer/

Ist Glyphosat gefährlich oder nicht? Um dies herauszufinden … bin ich mit Kurt Straif verbunden, einem Senior-Wissenschaftler bei der Internationalen Agentur für Krebs-Forschung (IARC).

Kurt Straif: Unsere Bewertung war eine Überprüfung aller veröffentlichten wissenschaftlichen Arbeiten zu Glyphosat, und das wurde von den weltbesten Experten für diese Thematik durchgeführt, die zusätzlich keinerlei Interessens-Konflikte mitbringen, die ihre Einschätzung beeinflussen könnte, und sie schlußfolgerten, daß, ja, daß Glyphosat wahrscheinlich karzinogen für den Menschen ist, gestützt auf drei Strängen von Evidenz, daß es eine deutliche Evidenz für Krebs bei Tieren im Experiment gibt, eine eingeschränkte Evidenz für Krebs beim Menschen durch Expositionen, wie sie tatsächlich auf der Welt stattfinden, [etwa] bei [Glyphosat] ausgesetzten Bauern, und ebenfalls eine starke Evidenz aus jeder Art von anderer toxikologischer Studie dafür, daß es die Gene beschädigen kann.

euronews: Warum wird Glyphosat angesichts dieser vernichtenden Ergebnisse nicht verboten?

Kurt Straif: Das ist wirklich eine unabhängige Überprüfung der gesamten publizierten Literatur, die anschließend zu einer Klassifizierung in Hinsicht darauf führt, was wir über die Substanz und besonders ihre Krebs erzeugenden Effekte wissen.

Aber dann liegt es an den anderen Stellen [in der Hierarchie] aufwärts, [wie] die WHO international oder andere Staatliche Behörden, diese Klassifizierung in eine Risiko-Bewertung umzusetzen und in Bezug auf die verschiedenen Expositionen bei unserem Gebrauch, für die Bauern, von unserer Nahrung, in den Kosmetika und aus wohin auch immer die Substanz hingelangen kann, die entsprechenden Schlußfolgerungen zu liefern.

euronews: Im letzten Mai gab ein gemeinsames Gremium der FAO und WHO Glyphosat eine saubere Weste für die Gesundheit.
Warum dieser grundsätzliche Wechsel?

Kurt Straif: Unsere Klassifizierung der Krebs-Gefahren von Glyphosat besteht weiterhin.

Wir sind die Autorität für die WHO weltweit Substanzen zu klassifizieren, und danach kam dieses andere Gremium, das einen sehr engen Bereich der [möglichen] Expositionen untersuchte, nämlich den durch die täglichen Nahrungsmittel, und das anschließend diese Schlußfolgerung lieferte, wieviel davon sicher oder nicht [sicher ] sein könnte

euronews: Aber als Konsument, Bauer oder gelegentlicher Bier-Trinker, als jemand, der gerne in Parkanlagen sitzt, die mit Glyphosat behandelt worden sind, was und wem sollte ich glauben?

Kurt Straif: Ich halte es für wichtig zu verstehen, daß die wissenschaftliche Literatur für unsere Einschätzung, daß Glyphosat Krebs im Menschen verursachen kann, weiterhin Bestand hat, und daraufhin müssen Sie sich die anderen Bewertungen für die spezifischen [Expositions-] Szenarien ansehen, und daß es nicht zu dem Bereich meiner Autorität gehört, diese Evaluationen zu kommentieren.
 
euronews: Es gab glaubhafte Berichte, die nach diesem gemeinsamen FAO/WHO-Gremium letztens im Mai erschienen, daß einige der Wissenschaftler Bezahlungen von Monsanto erhalten hätten, der Nummer 1 unter den Herstellern von Glyphosat. Beunruhigen Sie als Wissenschaftler solcherart Berichtet?

Kurt Straif: Das ist ein wichtiges Thema, das eine bedeutende und eingehende Prüfung verlangt.  

*** Ende des Interviews ***
Übersetzung mit [Anmerkungen in Eck-Klammern] durch GenAG/attac-Bielefeld
URL:  http://www.attac-bielefeld.de/fileadmin/user_upload/Gruppen/Bielefeld/glyphosat-kann-Krebs-verursachen.pdf